Gewinnung von Wasserstoff – Erzeugungsmöglichkeiten und -technologien

Eine zentrale Rolle bei der Nutzung des vielseitigen Energieträgers Wasserstoff spielt die Gewinnung. Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum, kommt jedoch auf der Erde praktisch nur chemisch gebunden vor und muss daher für die chemische oder energetische Nutzung gezielt aus Verbindungen wie Wasser gewonnen werden. Es gibt verschiedene Erzeugungsmöglichkeiten und -technologien, die zur Produktion von Wasserstoff eingesetzt werden können.

Die Gewinnung von Wasserstoff kann dabei durch verschiedenste Umwandlungsprozesse aus unterschiedlichen Primärenergieträgern erfolgen. Derzeit erfolgt der überwiegende Teil (~ 95%) der globalen Wasserstoffgewinnung aus fossilen Energieträgern. Ausgangsstoffe für die Produktion sind vorwiegend Erdgas (zu 68%), Erdöl (zu 16%) sowie Kohle (zu 11%), wobei ein Teil des Wasserstoffs durch die Gewinnung dieser Ausgangsstoffe als Nebenprodukt anfällt. Der Großteil der Wasserstoffmenge muss jedoch zuerst durch verschiedenste Konversionsverfahren umgewandelt werden. Nur rund 5% des Wasserstoffs werden aktuell aus Strom durch Elektrolyse erzeugt.

 

Abbildung 1: Anteil der Primärenergieträger an der globalen Wasserstoff-Produktion (Quelle: Wasserstoff-Studie Shell 2017)

 

Die folgende Abbildung bietet einen Überblick über verschiedene Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff:

 

Abbildung 2: Konversionstechnologien zur Erzeugung von Wasserstoff (Quelle: Thomas Schmidt „Wasserstofftechnik: Grundlagen, Systeme, Anwendung, Wirtschaft“)

 

 

Etwa die Hälfte der weltweit vorrätigen Wasserstoffmengen werden jährlich alleine mit Hilfe der von Carl Bosch vor etwa 100 Jahren als Haber-Bosch-Synthese entwickelten Dampfreformierung von Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas, produziert. Hinsichtlich Erreichung der geplanten Klimaneutralität, werden zukünftig jene Produktionsrouten von Wasserstoff benötigt, die einen reduzierten CO2-Fußabdruck vorweisen (erneuerbarer Wasserstoff durch Umwandlungstechnologien aus Windkraft, Sonnenenergie oder Biomasse). Dazu benötigt es neben den derzeit ausgebauten Technologien eine erhöhte Forschungstätigkeit und die Weiterentwicklung der dafür benötigten Technologien. Eine Übersicht dazu liefert die folgende Tabelle:

 

 

Tabelle 1: Überblick über derzeit eingesetzte und aufkommende Technologien zur Wasserstoff-Produktion

 

Ausgewählte Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff

  1. Dampfreformierung:

Die Dampfreformierung ist eine bewährte und weit verbreitete Methode zur Gewinnung von Wasserstoff. Bei diesem Verfahren wird typischerweise Methan, meist aus fossilem Erdgas, in einer chemischen Reaktion mit Wasserdampf umgewandelt, um Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid zu produzieren. Die Dampfreformierung ist derzeit eine der am häufigsten verwendeten Technologien zur industriellen Herstellung von Wasserstoff in großem Maßstab.

Der Prozess der Dampfreformierung findet in einem Reaktor statt, der als Reformierungsreaktor bezeichnet wird. In diesem Reaktor wird Methan (CH4) mit Wasserdampf (H2O) bei erhöhter Temperatur und Druck in Gegenwart eines Katalysators umgesetzt. Der Katalysator fördert die Reaktionsgeschwindigkeit und ermöglicht eine effiziente Umwandlung des Erdgases.

Die Reaktionsgleichung für die Dampfreformierung lautet:

CH4 + H2O → CO + 3H2

 

Bei dieser Reaktion wird Methan (CH4) aus dem Erdgas mit Wasserdampf zu Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2) umgewandelt. Der entstehende Kohlenstoffmonoxid-Gasstrom kann weiter behandelt werden, um Kohlenstoffdioxid (CO2) als Nebenprodukt zu erzeugen oder für andere industrielle Prozesse verwendet werden.

CO + H2O → CO2 + H2

Ein wichtiger Aspekt der Dampfreformierung ist die Wahl des Katalysators. Üblicherweise werden Nickel-basierte Katalysatoren eingesetzt, die eine hohe Aktivität und Selektivität für die gewünschten Reaktionen aufweisen. Die Katalysatorbetriebsbedingungen, einschließlich Temperatur, Druck und Verhältnis von Wasserdampf zu Methan, werden sorgfältig gesteuert, um optimale Umwandlungsgrade und Wasserstoffausbeuten zu erreichen.

Die Dampfreformierung bietet mehrere Vorteile als Wasserstoffherstellungsmethode. Zum einen ist sie relativ kostengünstig und wirtschaftlich. Zudem ermöglicht die Dampfreformierung eine hohe Wasserstoffausbeute und gute Effizienz, insbesondere wenn Wärmerückgewinnungssysteme eingesetzt werden, um den Prozessenergiebedarf zu senken.

Allerdings gibt es auch einige Herausforderungen und Umweltaspekte im Zusammenhang mit der Dampfreformierung. Die Verwendung fossiler Brennstoffe, insbesondere Erdgas, führt zur Freisetzung von Kohlenstoffdioxid, einem Treibhausgas, das zum Klimawandel beiträgt. Um diesen Nachteil zu mindern, werden Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) entwickelt, um das entstehende Kohlenstoffdioxid abzufangen und sicher zu lagern, anstatt es in die Atmosphäre zu emittieren.

Darüber hinaus besteht ein Bedarf an kontinuierlicher Forschung und Entwicklung, um alternative und nachhaltigere Rohstoffe für die Dampfreformierung zu identifizieren. Die Nutzung von erneuerbaren Energien, wie Biomasse oder regenerativ erzeugtem Wasserstoff, kann dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und die Umweltauswirkungen zu minimieren.

Insgesamt bleibt die Dampfreformierung eine wichtige und effiziente Methode zur industriellen Wasserstoffproduktion. Sie wird derzeit in zahlreichen Anwendungen eingesetzt, darunter die Herstellung von Ammoniak, Raffinerien, petrochemische Industrie und die Bereitstellung von Wasserstoff als Brennstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge. Die Weiterentwicklung von Technologien zur Emissionsreduktion und der Einsatz erneuerbarer Energien wird jedoch eine entscheidende Rolle spielen, um die Dampfreformierung nachhaltiger und umweltfreundlicher zu machen.

Mehr zur Dampfreformierung zur Erzeugung von Wasserstoff finden Sie hier.

 

 

  1. Elektrolyse:

Die Elektrolyse ist eine vielversprechende Methode zur Gewinnung von Wasserstoff, die auf dem Prinzip der Wasserspaltung basiert. Durch die Anwendung von elektrischem Strom wird Wasser in seine Bestandteile, Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2), aufgeteilt. Die Elektrolyse bietet eine saubere und nachhaltige Möglichkeit, Wasserstoff zu erzeugen, da sie auf erneuerbare Energiequellen wie Solarenergie, Windkraft oder Wasserkraft angewiesen sein kann.

 

Der Prozess der Elektrolyse findet in einer Elektrolysezelle statt, die aus einer positiven und einer negativen Elektrode besteht, die als Anode und Kathode bezeichnet werden. Das zu spaltende Wasser wird in der Zelle platziert und ein elektrischer Strom wird durch die Elektroden geleitet. An der Kathode wird Wasserstoff erzeugt, während an der Anode Sauerstoff freigesetzt wird. Die Reaktion an der Kathode lautet:

2H2O + 2e → H2 + 2OH

Der entstehende Wasserstoff kann dann gesammelt und für verschiedene Anwendungen genutzt werden, wie zum Beispiel in Brennstoffzellen oder als chemischer Rohstoff in der Industrie.

Die Elektrolyse bietet mehrere Vorteile als Wasserstoffherstellungsmethode. Erstens ist sie eine umweltfreundliche Option, da sie keine kohlenstoffhaltigen Brennstoffe benötigt und keine Treibhausgasemissionen verursacht, wenn sie mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Zweitens ermöglicht die Elektrolyse eine hohe Reinheit des erzeugten Wasserstoffs, da das Ausgangsmaterial, nämlich Wasser, frei von Verunreinigungen ist. Drittens bietet sie Flexibilität und Skalierbarkeit, da die Elektrolyseanlagen je nach Bedarf angepasst und in verschiedenen Größen betrieben werden können.

Dennoch gibt es auch einige Herausforderungen im Zusammenhang mit der Elektrolyse. Einer der Hauptaspekte ist der Energiebedarf. Die Elektrolyse erfordert eine beträchtliche Menge an elektrischem Strom, insbesondere wenn große Mengen Wasserstoff produziert werden sollen. Um eine nachhaltige Wasserstoffproduktion zu gewährleisten, ist es wichtig, dass der eingesetzte Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.

Ein weiterer Aspekt ist die Kosteneffizienz. Derzeit ist die Elektrolyse im Vergleich zu anderen Wasserstoffherstellungsmethoden noch relativ teuer. Es bedarf weiterer Forschung und Entwicklung, um die Kosten zu senken und die Effizienz der Elektrolyse zu verbessern.

Trotz dieser Herausforderungen wird die Elektrolyse aufgrund ihres Potenzials für eine nachhaltige Wasserstoffproduktion und ihrer Verbindung zu erneuerbaren Energien intensiv erforscht und weiterentwickelt. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer kohlenstoffarmen Gesellschaft und der Förderung von Wasserstoff als sauberen Energieträger der Zukunft.

Mehr zur Elektrolyse und den unterschiedlichen Elektrolyse-Technologien finden Sie hier.

 

  1. Thermochemische Verfahren:

 

  1. Vergasung von Biomasse/Kohle:

Mehr zur Vergasung von Biomasse und der damit einhergehenden Produktion von Wasserstoff finden Sie in unserer Rubrik zum Thema Holzgas.

 

  1. Methanpyrolyse:

Die Methanpyrolyse ist ein thermochemisches Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoff aus Methan. Bei diesem Prozess wird Methan in Wasserstoff und feste Kohlenstoffpartikel, auch bekannt als Carbon Black, aufgespalten. Die Methanpyrolyse bietet eine alternative Methode zur Wasserstoffherstellung und hat das Potenzial, eine nachhaltige und kohlenstoffarme Energiequelle bereitzustellen.

 

Der Prozess der Methanpyrolyse erfolgt bei hohen Temperaturen von etwa 800 bis 1.200 Grad Celsius und in Abwesenheit von Sauerstoff, um eine Verbrennung zu verhindern. Dies ermöglicht die selektive Aufspaltung von Methan in seine Bestandteile Wasserstoff und Kohlenstoff. Die Reaktion kann auf verschiedene Arten durchgeführt werden, einschließlich thermischer, katalytischer oder plasmagestützter Methoden.

CH4 → 2 H2 + C

Die Methanpyrolyse bietet mehrere Vorteile als Wasserstoffherstellungsmethode. Erstens ermöglicht sie die direkte Nutzung von vorhandenem Methan, das in beträchtlichen Mengen in natürlichen Gasvorkommen vorhanden ist. Aber auch Methan aus erneuerbaren Quellen, wie etwas Biomethan, kann für die Methanpyrolyse verwendet werden. Dies reduziert die Abhängigkeit von anderen Rohstoffen und erschließt neue Wasserstoffquellen. Zweitens erzeugt die Methanpyrolyse im Vergleich zur konventionellen Methanreformierung keinen CO2-Ausstoß, da keine Verbrennung stattfindet. Bei der Verwendung von Biomethan für die Methanpyrolyse lassen sich sogar sogenannte Negativemissionen erreichen, da der Kohlenstoff aus der Biomasse aus dem natürlichen Kohlenstoffkreislauf entfernt wird. Dies trägt zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zur Bekämpfung des Klimawandels bei.

Jedoch gibt es auch Herausforderungen bei der Methanpyrolyse. Die hohen Temperaturen, die für den Prozess erforderlich sind, erfordern spezielle Reaktoren und Materialien, die extremen Bedingungen standhalten können. Zudem ist die Ausbeute an Wasserstoff bei der Methanpyrolyse in der Regel geringer als bei anderen Wasserstoffherstellungsmethoden. Weiterhin ist die Skalierbarkeit des Verfahrens eine wichtige Überlegung, um eine großflächige und wirtschaftlich rentable Produktion zu ermöglichen.

Trotz dieser Herausforderungen wird die Methanpyrolyse intensiv erforscht und weiterentwickelt. Neue Katalysatoren und Technologien werden entwickelt, um die Effizienz des Verfahrens zu verbessern und den Wasserstoffausstoß zu erhöhen. Zudem können die entstehenden Kohlenstoffnanoröhren oder Kohlenstoffnanofasern als wertvolle Materialien in verschiedenen Anwendungen wie Batterien, Katalysatoren oder Verstärkungsmaterialien verwendet werden, was zusätzliche Vorteile bietet.

Die Methanpyrolyse hat das Potenzial, eine wichtige Rolle bei der Wasserstoffproduktion zu spielen, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung vorhandener Erdgasressourcen und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Durch kontinuierliche Forschung und Entwicklung könnte die Methanpyrolyse zukünftig eine nachhaltige und kohlenstoffarme Wasserstoffquelle darstellen.

Mehr zur Methanpyrolyse und den unterschiedlichen Verfahren dieser Technologie finden Sie hier.

 

Reinheitsklassen von Wasserstoff

Wasserstoff wird in verschiedenen Reinheitsklassen gehandelt. Diese wird mit Hilfe von Codewerten ausgedrückt. Dabei bezeichnet die erste Ziffer die Anzahl der „Neuner“, die zweite Ziffer ist die erste von „Neun“ abweichende Dezimalstelle.

Tabelle 2: Reinheitsklassen von Wasserstoff (Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung, DE)