Biogas

Wie schon der Name besagt, entsteht Biogas in einem biologischen Prozess. Die Natur funktioniert immer in Kreisläufen, d. h. organische Masse wird von Mikroorganismen ab ca. 5 °C Umgebungstemperatur abgebaut, die dabei entstehenden Produkte dienen wiederum als Ausgangsprodukt für neues Leben. Erfolgt der Abbau des organischen Materials unter Anwesenheit von Luft (aerob), so spricht man von Kompostierung. Erfolgt der Abbau des organischen Materials unter Ausschluss von Sauerstoff (anaerob), so spricht man von Fermentation oder Vergärung. Dabei wird aus dem Großteil der in der organischen Masse enthaltenen Energie ein Gasgemisch gebildet, das sogenannte Biogas. Dieser in der Natur weit verbreitete Prozess findet beispielsweise in Mooren, auf dem Grund von Seen, in Güllegruben sowie im Pansen von Wiederkäuern statt. Je nach Vorkommen spricht man von Sumpfgas, Faulgas, Klärgas, Grubengas, Deponiegas oder im Bereich der Vergärung von organischen Abfällen, Reststoffen und/oder nachwachsender Rohstoffe eben von Biogas.

 

Einsatzstoffe:

Zur Gewinnung von Biogas kann grundsätzlich jede organische oder biologische Substanz (Biomasse) herangezogen werden, die durch Mikroorganismen abgebaut werden kann. Aufgrund der extremen Vielfalt der bakteriellen Stoffwechselreaktionen ist auch das Spektrum an möglichen Substraten nahezu unbegrenzt. Manche Stoffe lassen sich aufgrund ihrer besonderen chemischen Struktur jedoch nur langsam und sehr schwer abbauen. Dazu zählt z.B. das Lignin, die Gerüstsubstanz des Holzes.

Die für die Erzeugung von Biogas in technischen Anlagen eingesetzte Biomasse wird „Substrat“ genannt. Zu den einsetzbaren Rohstoffen zählen:

 

von Nutztieren
(Kühe, Schweine, Hühner, etc.):
Gülle, Mist, Jauche, Futtermittelreste, etc.
vom Feld: Stroh, Ausputz, Zwischenfrüchte, etc.
von Wiesen:Gras, Rasenabfälle
von der Industrie:proteinreiche Abwässer (z.B.: Brauerei, Molkerei),
kohlenstoffreiche Abwässer (z.B.: Zuckerindustrie, Schlempe),
fett- u. proteinreiche Rückstände (z.B.: Schlachtabfälle, Fettabscheiderückstände)
von Menschen:Fäkalien, Klärschlamm, Bioabfälle, Speisereste,
Obst- und Gemüseabfälle, etc.

 

Entstehung:

Um den natürlich vorkommenden Prozess der Biogasbildung zur Energiegewinnung nutzen zu können, erfolgt die Fermentation der organischen Masse in einem dunklen, isolierten und „sauerstofffreien Behälter“, dem Fermenter. In diesem erfolgt der anaerobe Umbau durch verschiedene Mikroorganismen, die die einzelnen Teilschritte des Umbaus durchführen und aufeinander angewiesen sind. Vor allem leisten Bakterien und Archaeen den Substratabbau und die Umsetzung der organischen Stoffe. Dieser Umbau der organischen Substanzen bis hin zum Biogas erfolgt in vier Phasen, welche in nachfolgender Abbildung schematisch dargestellt sind. In den einzelnen Bildungsphasen sind unterschiedliche Mikroorganismen vorhanden, welche auch unterschiedliche Lebensbedingungen benötigen. Die Mikroorganismen werden entsprechend ihrer Leistung in den einzelnen Abbauschritten der anaeroben Vergärung als hydrolytische, acidogene, acetogene und methanogene Mikroorganismen bezeichnet. Die Grenzen zwischen den einzelnen Abbauphasen und den jeweiligen Bakterienstämmen sind dabei fließend. So benötigen die jeweiligen Organismengruppen für den Abbau in ihrer Phase unterschiedlich viel Zeit und unterschiedliche Milieubedingungen. Das organische Material wird dabei fast vollständig zu Biogas umgewandelt. Die Vielfalt der Mikroorganismen, deren Wachstum und Aktivität und damit die Effizienz der Biogasproduktion werden insbesondere durch die Gärtemperatur, den pH-Wert und das Nährstoffangebot beeinflusst.

 

 

Produkte und Gaszusammensetzung:

In einer Biogasanlage entstehen somit zwei sehr wertvolle Produkte. Neben dem energiereichen Biogas verbleibt nach dem Gärprozess zusätzlich ein Fermentationsrückstand, auch Gärprodukt genannt, welches als Dünger zur Pflanzenproduktion in der Landwirtschaft angewendet werden kann. Dieses enthält nahezu alle in den eingesetzten Rohstoffen enthaltenen Nährstoffe. Das gebildete Gasgemisch besteht überwiegend aus Methan und Kohlendioxid. Daneben befinden sich im Biogas noch geringe Mengen an Wasserstoff, Schwefelwasserstoff, Ammoniak und anderen Spurengasen. Von Bedeutung ist in erster Linie der Methangehalt, da dieser den brennbaren Anteil des Biogases darstellt und somit dessen Heizwert direkt beeinflusst. Die Zusammensetzung wird im Wesentlichen von den eingesetzten Substraten, dem Fermentationsverfahren und verschiedenen technischen Ausführungen beeinflusst. Grundsätzlich kann Biogas wie in nachfolgender Tabelle (Biogaszusammensetzung nach Kaltschmitt et al.) angegeben charakterisiert werden:

 

BestandteilKonzentrationEigenschaft
Methan (CH4)50-75 Vol.-%Hauptenergieträger des Biogases (10 kWh / Nm³ Methan)
Kohlendioxid (CO2)25-45 Vol.-%Nicht energetisches Begleitgas, verringert Heizwert
Wasserdampf (H2O)2-7 Vol.-%Kondensatbildung führt zu Schäden durch Korrosion
Schwefelwasserstoff (H2S)< 1 Vol.-%verursacht Korrosion, SO2 Emissionen bei der Verbrennung - Katalysatorgift
Stickstoff (N2)< 2 Vol.-%Nicht energetisches Begleitgas, verringert Heizwert
Sauerstoff (O2)< 2 Vol.-%
Wasserstoff (H2)< 1 Vol.-%

 

Nutzung (Biogasreinigung + Gasaufbereitung):

Bei Biogas handelt es sich um ein sehr energiereiches Gas, dass viele Anwendungen ermöglicht, von der Strom-, Wärme- und Kälteerzeugung bis hin zur Einspeisung in das Gasnetz bzw. der direkten Nutzung als Kraftstoff in Methangasfahrzeugen. Als eine der aussichtsreichsten Alternativen der Biogasnutzung kann der Weg der Biogasaufbereitung und Einspeisung in das Gasnetz oder als Anwendung in Reinform betrachtet werden. Langjährige Erfahrungen in Europa zeigen, dass dieser Weg nicht nur ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist, sondern auch die notwendige technische Reife für den industriellen Einsatz erreicht hat. Wenn Biogas in das Gasnetz eingespeist wird, so ergibt sich neben einer Vorkonditionierung und Gasreinigung (Trocknung, Entschwefelung) das Erfordernis der weiteren Gasaufbereitung. Das heißt neben dem CO2 müssen auch die weiteren Verunreinigungen sicher, dauerhaft und kostengünstig entfernt werden. Nach der Gasreinigung wird das vorbehandelte Biogas auf den für die nachfolgenden Schritte notwendigen Prozessdruck verdichtet, zwischengekühlt und durch eine Feinreinigung (Feinentschwefelung) und anschließende CO2-Entfernung weiter aufbereitet. Alternativ kann auch eine kombinierte CO2/H2S-Entfernung erfolgen. Für die Abtrennung von CO2 können die folgenden Verfahren (nach Kaltschmitt et al.) eingesetzt werden:

 

Art der TrennungVerfahren/TechnologieTrenneffekt
AdsorptionDruckwechseladsorption (PSA)Adsorption von CO2 an Kohlenstoffmolekularsieben bei 8 bis 10 bar (> 96 % CH4)
AbsorptionDruckwasserwäsche (physikalische Absorption)Lösung von CO2 in Wasser durch Druckerhöhung (> 97 % CH4)
Aminwäsche (chemische Absorption)Chemische Reaktion von CO2 mit Monoethanolamin (MEA), Diethanolamin (DEA) oder Methyldiethanolamin (MDEA) (> 99 % CH4)
MembrantrennverfahrenMembrangastrennung trockenMembrandurchlässigkeit von H2S und CO2 höher als für CH4 (> 97 % CH4)
KühlungTieftemperaturtrennung (KryogentechnikPhasentrennung von flüssigem CO2 und gasförmigen CH4 (> 99,9 % CH4)

 

Gesetzlich darf man nur in das bestehende Gasnetz einspeisen, wenn auch bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllt werden. In Österreich gilt dafür die ÖVGW Richtlinie GB210.